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Ausstellung „Beuys & Duchamp. Künstler der Zukunft“ in Krefeld

Veröffentlicht am: 16.07.2021

Keinen anderen Künstler hat Joseph Beuys (1921-1986) in Interviews häufiger erwähnt als Marcel Duchamp (1887-1968), und keiner schien ihn stärker herauszufordern. Im Beuys-Jubiläumsjahr nehmen die Kunstmuseen Krefeld dies zum Anlass, die Werke der beiden bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten weltweit erstmals gegenüberzustellen. Im Kaiser-Wilhelm-Museum treten ab 8. Oktober in der Ausstellung „Beuys & Duchamp. Künstler der Zukunft" zwei Protagonisten des 20. Jahrhunderts in einen Dialog, die - jeder auf seine Art und zu seiner Zeit - den Begriff von Kunst radikal verändert haben.

Joseph Beuys vor seinem Duchamp-Werk.
Joseph Beuys vor seinem Duchamp-Werk. Foto: Stadtarchiv

Marcel Duchamp, der mit seinen ab 1913 entstehenden „Readymades" - Alltagsgegenständen wie Flaschentrockner, Pissoir oder Kleiderhaken - die Kunst und ihre Rezeption auf völlig neue Grundlagen stellte, wurde in den 1960er-Jahren von einer jüngeren Künstlergeneration in den USA und Europa als Impulsgeber und Wegbereiter der Konzeptkunst entdeckt. Auch Joseph Beuys' legendäre Aktion von 1964 „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet" zählt zu den künstlerischen Auseinandersetzungen mit der „Vaterfigur" Duchamp. Allein aus dem Titel spricht Beuys' ambivalentes Verhältnis zum Meister der inszenierten Skepsis und ironischen Distanz, der sich nicht öffentlich oder gar politisch äußerte - während Beuys die gesellschaftsverändernde Kraft der Kunst beschwor. Gerade aus dieser zwischen Kritik und Faszination angelegten Haltung von Beuys gegenüber Duchamp bezieht die Ausstellung ihre Spannung. Dabei legt sie den Fokus nicht nur auf die offensichtlichen Gegensätze im Werk der Künstler, sondern will auch die subtilen Berührungspunkte hinsichtlich ihrer Motive und künstlerischen Strategien aufzeigen.

„Das Projekt knüpft an die Geschichte der Kunstmuseen Krefeld unter aktueller Perspektive und auf Basis neuester Forschung an", betont Museumsleiterin Katia Baudin. „Beide Künstler sind mit unserer Institution eng verbunden. Die erste Einzelausstellung Marcel Duchamps in einem deutschen Museum fand 1965 in Haus Lange statt. Und die herausragende Werkgruppe von Beuys im Kaiser-Wilhelm-Museum ist eines der wenigen Raumensembles, das so erhalten ist, wie der Künstler es zu Lebzeiten eingerichtet hat", sagt Baudin. Ausgehend von den permanent installierten Beuys-Räumen im zweiten Geschoss des Kaiser-Wilhelm-Museums, entfaltet die Ausstellung mit rund 150 internationalen Leihgaben den Kosmos dieser beiden wegweisenden Künstler für sich und in ihrem spannungsreichen Verhältnis zueinander. „Ihre Werke tragen ein radikales Potenzial zur Veränderung in sich - zur Veränderung der Auffassung von Kunst überhaupt, der Wahrnehmung von Alltag und Umwelt, der Rolle der Betrachtenden - und schließlich mit Beuys auch zur Veränderung von Mensch und Gesellschaft", so Kuratorin Magdalena Holzhey. Begleitet wird die Ausstellung von einem vielfältigen, interdisziplinär und partizipativ angelegten Vermittlungsprogramm, gefördert von der Art Mentor Foundation Lucerne, das auf unterschiedlichsten Ebenen Zugang zu den Werken eröffnet.

Das Projekt ist Teil des Jubiläumsjahres „beuys 2021" in Nordrhein-Westfalen

Die Ausstellung wird kuratiert von Magdalena Holzhey (Kunstmuseen Krefeld) und Kornelia Röder (Duchamp-Forschungszentrum Schwerin) in Zusammenarbeit mit Katharina Neuburger und mit wissenschaftlicher Beratung durch Antje von Graevenitz, Hans Dickel und Paul B. Franklin. Das Projekt ist Teil des Jubiläumsjahres „beuys 2021" in Nordrhein-Westfalen. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog in deutscher und englischer Ausgabe im Hatje Cantz Verlag, Berlin, ermöglicht durch die großzügige Förderung der Ernst von Siemens Kunststiftung. Das Projekt wird von einer Sammlungspräsentation in den Häusern Lange und Esters flankiert, die sich anhand der Museumsgeschichte auf Beuys' Spuren von den 1960er-Jahren bis in die Gegenwart begibt. Weitere Informationen stehen unter www.kunstmuseenkrefeld.de. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben kostenfreien Eintritt in die Krefelder Museen. Die Ausstellung „Beuys & Duchamp. Künstler der Zukunft" endet am 16. Januar 2022.

Der Künstler Joseph Beuys wurde am 12. Mai 1921 in Krefeld geboren. Seine Eltern wohnten mit ihm am Alexanderplatz 5. Knapp vier Monate nach der Geburt verlässt die Familie Krefeld. Sie meldet sich am 23. September 1921 ab. Als neue Adresse gibt sie Kermisdahlstraße 24 in der Klever Unterstadt an. Seit Beginn seiner künstlerischen Entwicklung gab es eine Verbindung zwischen Beuys und dem Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld sowie dem dort lebenden Schriftsteller Adam Rainer Lynen. Als junger Mann lebte Beuys zeitweise mit Lynen in einer Hütte an den Niepkuhlen in Krefeld. Dort fand 1948 eine Ausstellung mit dem Dichter statt und im selben Jahr wurden im Kaiser-Wilhelm-Museum seine Arbeiten „Leuchtturm", „Roter Berg" und „Liegendes Schaf" gezeigt. Aus einem 1951 beginnenden Briefwechsel mit dem damaligen Museumsdirektor Paul Wember geht zudem heraus, dass sich beide schon länger gekannt haben. Wember versuchte, dem jungen Absolventen der Kunstakademie Aufträge und Ankäufe zu vermitteln. Die Stadt Krefeld kaufte Anfang der 1950er-Jahre den „Brunnen" an, bis zum letzten Ankauf 1976 gelangten mit Hilfe des Künstlers 53 weitere Arbeiten nach Krefeld, darunter mehrere große Plastiken. Der Platz vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum wurde 2016 in „Joseph-Beuys-Platz" umbenannt.