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Krefelder Bücher-Schatz wird im Museum Burg Linn gezeigt

Veröffentlicht am: 13.01.2023

Ralf-Günter Stefan und Dr. Boris Burandt (rechts) vor der neuen Vitrine mit Bücher aus der Historischen Bibliothek des Museums Burg Linn in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und KommunikationRalf-Günter Stefan und Dr. Boris Burandt (rechts) vor der neuen Vitrine mit Bücher aus der Historischen Bibliothek des Museums Burg Linn in Krefeld. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Erste Präsentation widmet sich Einbänden aus fünf Jahrhunderten

Der historische Bibliotheksbestand des Museums Burg Linn in Krefeld mit seinen rund 3.500 Büchern und Atlanten ist ein Schatz. Einige dieser Publikationen lassen sich weltweit nur noch dort nachweisen. Während Wissenschaftler die Bücher für ihre Arbeit nutzen können, bleibt den Besuchern bislang nur ein Blick durch eine vergitterte und verglaste Türe in diese Schatzkammer. Das hat sich nun geändert: In einer großen Vitrine direkt neben der Sammlung präsentiert das Museum ab sofort eine Auswahl aus dem Bestand. „Wir werden hier regelmäßig ein Thema aus der Buch-Welt präsentieren", sagt Museumsleiter Dr. Boris Burandt.

Ralf-Günter Stefan betreut ehrenamtlich die Bücher

Seit über 20 Jahren betreut Ralf-Günter Stefan ehrenamtlich die historischen Bücher. Er ist auch für die Einrichtung der Vitrine verantwortlich. Bei der Premieren-Präsentation widmet er sich der Entwicklung der Buch-Einbände vom 15. bis in das 19. Jahrhundert. Die „Gewänder" der Bücher hatten von je her nicht nur Schutzfunktion, sondern spiegelten auch immer die Mode der jeweiligen Zeit, den Geschmack sowie die finanziellen Möglichkeiten der Besitzer wider. „Bücher waren im 15. Jahrhundert so kostbar, dass man sie angekettet hat, um sie so vor einem Diebstahl zu schützen", berichtet Stefan. Mit einem solchen Exemplar aus dem Jahr 1488, heute leider ohne Kette, beginnt die kleine Zeitreise. Und dabei fällt gleich ins Auge, dass ein Buch im Gegensatz zu heute kein Massenprodukt gewesen ist.

Denn der persönliche Geschmack und auch der „Geldbeutel" entschieden über das individuelle Erscheinungsbild: Ob Holzdeckel, Rinds-, Schweins-, Ziegen- oder Schafleder verwendet, ob das Leder mit Rollen- oder Plattenstempeln in Blindprägung geschmückt, ob Pergament gebraucht oder neu gewünscht wurde, ob Schließen, Beschläge oder Ketten für nötig erachtet wurden und ob der Schnitt eingefärbt, gepunzt oder vergoldet werden sollte. „Aus diesem Grund stellen Bücher bis weit ins 18. Jahrhundert hinein in ihrem ganzen Erscheinungsbild Unikate dar, die sich selbst bei gleichem Inhalt durch Gebrauchsspuren, handschriftliche Besitzeinträge und Marginalien sowie die gewählte Einbandgestaltung unterscheiden", so Stefan.

Der Krefelder Bücherschatz Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Der Krefelder Bücherschatz
Bild: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Einbände verraten die Zeitumstände

Die Qualität der Einbände wurde aber auch durch die Zeitumstände beeinflusst. Während des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert wirkte sich Materialknappheit auf die Verarbeitung der Einbände aus. Vermehrt wurde altes Pergament aus dem Mittelalter als Umschlag genutzt. Es erinnert in seiner flexiblen Form an heutige Taschenbücher. Und es hat für die Wissenschaft einen besonderen Nebeneffekt. „Handschriften und Drucke aus dem Mittelalter sind heute nur durch solche Einbände bekannt", berichtet Stefan. Einige Beispiele können sie Besucher auch in der neuen Vitrine sehen.

Bücher mit schweren Holzdeckel hielten sich teilweise noch bis in das 18. Jahrhundert - hier jedoch meist nur bei großen Folianten, wie Bibeln. Sie sind oft mit Schließen versehen, die verhindern sollten, dass Staub und Insekten zwischen die Blätter des Buchblocks gelangten. Früher schlug man mit der Faust auf den massiven Vorderdeckel des liegenden geschlossenen Holzdeckelbandes, damit die Schließen von den auf dem Vorderdeckel angebrachten Schließenhaften sprangen und das Buch geöffnet werden konnte. „Davon hat sich bis heute der Begriff ,ein Buch aufschlagen' im Sprachgebrauch erhalten", erzählt Stefan.

Die Präsentation der Einbände endet mit dem 19. Jahrhundert. Bücher wurden zu dieser Zeit massenhaft gedruckt und durch Verlage verbreitet. Gebets- und Andachtsbücher vermittelten noch einen individuellen Charakter, wenn Exemplare unter anderem in Samt eingebunden wurden. Ausgaben aus der Zeit des Historismus (späteres 19. und frühes 20. Jahrhundert) ahmen die Buchherstellung vergangener Jahrhunderte nach.