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Freiwilligenarbeit an der Förderschule: Helfer als tragende Stützen

Zuletzt geändert: 21.06.2024 13:47:19 CEDT

 Für Ela Uçar (links) und Emilia Ditzen war das FSJ mit der Kombination aus einer sinnvollen Tätigkeit und wertvollen Lebenserfahrungen die beste Option nach dem Schulabschluss. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Für Ela Uçar (links) und Emilia Ditzen war das FSJ mit der Kombination aus einer sinnvollen Tätigkeit und wertvollen Lebenserfahrungen die beste Option nach dem Schulabschluss.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Emilia Ditzen und Ela Uçar blicken auf ein bewegtes FSJ zurück

Einmal in der Woche geht Emilia Ditzen in die Kirche. Das ist der Wunsch einer Schülerin, die ihr ganz besonders nahesteht. Die Schülerin mag die hohen Kirchendecken, die bunten Fenster, die bedächtige Atmosphäre. Und Emilia Ditzen freut sich mittlerweile auch auf den rituellen Kirchenbesuch. Die 17-Jährige absolviert ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an der LVR Gerd Jansen Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Bewegung. 270 Schülerinnen und Schüler verteilen sich hier auf die Klassen eins bis zehn. Ihre Beeinträchtigungen sind sehr unterschiedlich. Der Unterricht mit maximal 14 Schülerinnen und Schülern starken Klassen wird dementsprechend angepasst, häufig gibt es Differenzierungsgruppen. In der Regel betreuen zwei Lehrkräfte und eine Hilfskraft eine Klasse. Meistens werden diese Hilfskräfte von jungen Menschen im FSJ wie Emilia Ditzen gestellt. „Sie sind elementar für den Schulbetrieb. Ohne sie würde unser System nicht funktionieren", sagt Konrektorin Alexandra Beeck.

Nach der Schule fehlte eine konkrete Idee

Vor einem Jahr schloss Emilia Ditzen die Gesamtschule mit der Mittleren Reife ab. Sie wusste, dass sie fortan im sozialen Bereich tätig sein wollte. Nur fehlte ihr eine klare Idee. Weil sowohl ihre Mutter als Pflegerin an der Gerd Jansen Schule des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) arbeitet als auch ihr Bruder hier bereits sein FSJ verbrachte, hospitierte auch sie einen Tag an der LVR-Förderschule. Danach war ihr klar: Hier möchte sie ihr FSJ machen. „Besonders fällt mir auf, dass sich die Schülerinnen und Schüler hier gegenseitig nicht ärgern", erzählt Emilia Ditzen. „Keiner findet den anderen unnormal." Ihr gegenüber sitzt Ela Uçar, 18 Jahre alt, und nickt zustimmend. Auch sie ist als FSJlerin an der LVR Gerd Jansen Schule aktiv. „Als ich hier angefangen habe, hatte ich einen regelrechten Positivschock", sagt sie lachend. „Ich kam nach meinem Abitur direkt aus einem Leistungssystem und merkte, dass hier das Menschliche und jede oder jeder Einzelne zählen. Das hat mich sehr beeindruckt."

Ohne sie geht es nicht: FSJlerinnen wie Emilia Ditzen (links) und Ela Uçar sind elementare Bestandteile des Alltags an der LVR Gerd Jansen Schule.  Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Ohne sie geht es nicht: FSJlerinnen wie Emilia Ditzen (links) und Ela Uçar sind elementare Bestandteile des Alltags an der LVR Gerd Jansen Schule.
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Fast 150 Mitarbeitende beschäftigt die Gerd Jansen Schule. Neben dem Lehrpersonal gehören rund 40 Helfer, Pflegekräfte und verschiedene Therapeuten zum Beispiel aus den Bereichen Ergotherapie oder Krankengymnastik zum Team. Die Förderschule ist als gebundener Ganztag konzipiert. Die Schüler verbringen hier täglich sieben Stunden. Sie essen gemeinsam, haben ganz herkömmliche Unterrichtsfächer wie Mathe oder Deutsch, aber auch individuelle Therapieangebote und gemeinsame Sporteinheiten im Schwimmbecken oder in der Sporthalle. Jede der 24 Klassen hat eine Helferin oder einen Helfer, die meisten von ihnen sind junge Menschen im FSJ. Sie sind echte Alleskönner, helfen den Kindern beim Essen, lesen und spielen mit ihnen. Sie begleiten sie aber zum Beispiel auch auf die Toilette, zu den Therapien und pflegen sie.

Ausreichend Eingewöhnungszeit für den Anfang

Ähnlich wie Emilia Ditzen hatte auch Ela Uçar nach dem Abitur keinen konkreten Plan. Das FSJ erwies sich mit der Kombination aus einer sinnvollen Tätigkeit und wertvollen Lebenserfahrungen als die beste Option. Ela Uçars Erinnerungen an ihre ersten Tage an der LVR Gerd Jansen Schule vor knapp einem Jahr sind noch immer sehr lebhaft. Sie erzählt offen von ihrer anfänglichen Unsicherheit im Umgang mit der Schülerschaft: „Ich wusste überhaupt nicht, wie ich den Schülerinnen und Schülern begegnen, wie ich mit ihnen reden sollte." Das sei völlig normal, versichert die stellvertretende Schulleiterin Alexandra Beeck. Daher bekommen die jungen Hilfskräfte ausreichend Eingewöhnungszeit und werden vom Fachpersonal angeleitet. Alexandra Beeck beobachtet einen schnellen Rollenwechsel bei den Freiwilligen. „Häufig kommen sie direkt nach der Schule zu uns und sehen sich plötzlich einer herausfordernden Arbeit gegenüber, mit der eine große Verantwortung einhergeht", sagt sie. „In diese Verantwortung wachsen sie allerdings sehr schnell hinein." Das gelingt auch, weil sich die Mitarbeitenden an der LVR Gerd Jansen Schule aufeinander verlassen können. Sie sind ein funktionierendes, engagiertes Team, sie duzen sich und lassen sich gegenseitig nicht allein. Ganz egal, ob sie als Lehr-, Pflegekraft oder Helferinnen arbeiten.

Inniges Verhältnis zwischen Freiwilligen und Schülern

Die Schüler entwickeln ein inniges Verhältnis zu den Freiwilligen. Wenn das Schuljahr bald endet, werden auch wieder Tränen fließen. Die gemeinsame Zusammenarbeit fußt auf einer engen, vertrauensvollen Basis. Dabei entstehen besondere Bindungen und Verbindungen. „Ich werde die ganze Schule vermissen. Und auch die Rolle als verantwortungstragende Person", sagt Ela Uçar. Sie wird im Herbst mit einem Studium beginnen. Derzeit schwankt sie noch zwischen verschiedenen Optionen, soziale Arbeit allerdings kann sie sich sehr gut vorstellen. Für Emilia Ditzen beginnt bald eine Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) als Kinderpflegerin bei der Stadt Krefeld. Diese Entscheidung hat ihr FSJ maßgeblich mitgeprägt. „Mich selbst hat dieses Jahr sehr gestärkt und ich gehe viel selbstbewusster in die Ausbildung, als ich das vor einem Jahr gemacht hätte", sagt sie. Doch auch bei ihr wird es kein Abschied ohne Wehmut: „Wem macht es nicht Spaß, gemeinsam mit den Kindern zu lachen? Das wird mir sehr fehlen." Ein paar Wochen bleiben Emilia Ditzen und Ela Uçar noch an der LVR Gerd Jansen Schule. Das bedeutet auch, dass die 17-Jährige und die ihr besonders vertraute Schülerin noch ein paar Mal gemeinsam die Kirche besuchen werden. Emilia Ditzen wird diese Besuche besonders genießen.

Das Freiwillige Soziale Jahr ist ein Freiwilligendienst für Jugendliche und Erwachsene bis 27 Jahre. Es dauert ein Jahr mit der Option auf eine halbjährliche Verlängerung. Dabei sind die Freiwilligen an einen zugelassen Träger gebunden und beziehen über diesen auch ein Taschengeld. Interessierte für das am 19. August startende neue Schuljahr an der LVR Gerd Jansen Förderschule können sich formlos bei Alexandra Beeck per E-Mail an alexandra.beeck@lvr.de melden.