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Woyzeck-Premiere am Kresch-Theater in Krefeld

Veröffentlicht am: 19.09.2023

Das Kresch-Theater in Krefeld zeigt in seiner neuen Spielzeit das Stück "Woyzeck".  Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Das Kresch-Theater in Krefeld zeigt in seiner neuen Spielzeit das Stück "Woyzeck".
Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Schauspiel-Ensemble begeistert das Publikum

„Jeder Mensch ist ein Abgrund. Es schwindelt einem, wenn man runterschaut", sagt Franz Woyzeck (Lukas Metzinger). Die aktuelle Inszenierung des Dramafragments von Georg Büchner (1780-1837) am Krefelder Kresch-Theater ist ein solch tiefer Blick in die düsteren Abgründe der Menschen. Die Geschichte des 30-jährigen Soldaten Woyzeck zählt zu den meist gespielten Bühnenstücken in Deutschland. Die rund 200 Jahre alte, auf einer wahren Begebenheit beruhenden Handlung bietet reichlich Bezugspunkte in die Gegenwart. Das stärkste Motiv bildet hier sicherlich der feige und heimtückische Femizid am Marie. Fast jeden dritten Tag stirbt heutzutage eine Frau in Deutschland - getötet von ihrem Partner oder einem Ex-Partner.

Büchner begann das Stück mit 23 Jahren

Mit wohl erst 23 Jahren begann Büchner seine Arbeit an dem letztlich unvollendeten Stück (1836/1837), das die sozialen Verhältnisse der ständischen Gesellschaft des sogenannten Vormärz thematisiert. Eine Zuordnung der vorhandenen 31 Szenen in eine bestimmte Reihenfolge ist eine Interpretation späterer Generationen. Die Krefelder Bühne eröffnet mit diesem Stück in einer Inszenierung von Intendantin Isolde Wabra seine neue Spielzeit. Oberbürgermeister und Kulturdezernent Frank Meyer hob in seiner Absprache hervor, dass es dem Kresch-Theater immer wieder gelinge, Relevanz zu schaffen und auch Widersprüche auszuhalten.

Darum geht es

Das schicksalhafte Spiel beginnt in einer grauen Zelle mit einer schrägen Rückwand, einer Tür ohne Klinke, die sich nur von außen öffnen lässt. In kleinen Öffnungen erscheinen mal Fratzen des Wahnsinns, oder parallele Ereignisse werden hier angedeutet, wie die zunächst heimliche Affäre von Marie (Elena Nicodemus) mit einem Tambourmajor. Marie ist des immer mehr bedrohlich wirkenden und agierenden Sonderlings Woyzeck und der erbärmlichen Lebensverhältnisse überdrüssig: „Unsereins hat nur ein Eckchen in der Welt, ein Eckchen des Spiegels." Sie erhofft sich etwas mehr vom Leben, insbesondere aus der Affäre mit dem gesellschaftlich höher gestellten Tambourmajor. In dem beschwingten, aber in seiner geistigen Schlichtheit an den Ken aus dem aktuellen Barbie-Film erinnernden Leiter eines militärischen Spielmannzuges, entdeckt sie eine fröhliche Fluchtmöglichkeit aus ihrem trübsinnigen Dasein.

Um die Verhältnisse zumindest finanziell zu erleichtern, dient Woyzeck einem Arzt (Falk Philippe Pognan) für Experimente. Der betrachtet ihn lediglich als entmenschlichtes Subjekt für seine Zwecke. Der Hauptmann (Predrag Kalaba) sagt zu sich selbst, er ziehe nur in den Krieg, weil er das Leben so schätze. Dabei wirkt er eher wie ein Kandidat für den Nervenarzt. In seiner höheren gesellschaftlichen Stellung schikaniert er den einfachen Soldaten Woyzeck in jeder denkbaren Situation. In dem Kammerspiel mehren sich so von Minute zu Minute zusehends die Demütigungen für Woyzeck. „Ich bin ein armer Teufel und habe nichts in der Welt", stellt Woyzeck für sich fest. All diese (gesellschaftlichen) Umstände eskalieren in dem Mord an Marie. Woyzeck wird seine volle Schuldfähigkeit attestiert und zum Tode verurteilt.

Freigabe ab 16 Jahren

Das Schauspiel-Ensemble begeisterte bei der Premiere das Publikum, besonders Lukas Metzinger und Elena Nicodemus. Ihr Spiel wird durch diverse Details im Bühnenbild, Kostümen und Licht gut ergänzt. Die Freigabe ab 16 Jahren sollten Eltern angesichts des intensiven Spiels beachten. Der Abiturstoff Woyzeck wird für Schüler und Lehrer reichlich Ansätze bieten, über die Aktualität des Stückes zu diskutieren. Weitere Informationen stehen unter www.kresch.de